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  Sein Werk:
Logik und Erkenntnislehre

Logik ist bei Aristoteles einerseits eine Lehre von den Formen des wahren Urteilens und richtigen Schließens, wenn es um den wissenschaftlichen Beweis geht. Sie ist die Wissenschaft von den Prinzipien, die dem richtigen Denken zugrunde liegt. Diese logischen Prinzipien sind bei Aristoteles auch als metaphysische Prinzipien des Seienden dargestellt. Wenn man diese „Formel“ benutzt und statt des Seienden den Begriff Urteil einsetzt dann heißt das Prinzip des logischen Denkens folgendermaßen: „Es ist unmöglich, dass ein Urteil wahr und gleichzeitig nicht wahr ist.“ Ebenfalls verhält es sich mit dem ausgeschlossenen Dritten, welches besagt, dass es keine dritte Möglichkeit zwischen Wahrheit und Falschheit des Urteils gibt. Die Formen des logischen Denkens sind der Niederschlag der Seinsstruktur im Denken. Wir denken richtig, wenn wir in Übereinstimmung mit den allgemeinen Formen der Wirklichkeit denken. Begriffe können nicht im eigentlichen Sinne wahr oder falsch sein, die Wahrheit stellt sich erst beim Urteil heraus. Ein Urteil ist wahr, wenn es Begriffe so verbindet oder trennt, wie die Elemente der Tatsache verbunden oder getrennt sind. Wahr ist, wer von dem getrennten sagt, dass es getrennt ist und von dem Zusammenseienden, dass es zusammen ist. So wie ein Urteil in einer Verbindung von Begriffen besteht, so besteht ein Schluss aus einer Verbindung von Urteilen. Aristoteles hat als erster die Formen des syllogistischen Schließens und die Grundsätze, auf denen seine Schlüssigkeit beruht präzisiert. Seine Logik sollte in erster Linie der Klärung des wissenschaftlichen Beweisverfahrens dienen. In diesem Zusammenhang behandelte er auch die Frage nach Wesen und Wissen bzw. nach der Natur der Wissenschaft. Die Auffassung seiner Wissenschaft war nicht weniger bedeutend wie seine Logik. Die Forderung alle Sätze einer Wissenschaft im vollen Sinne des Wortes in Grundsätze und Folgesätze so einzuteilen, dass die Ersteren unmittelbar einsichtig, die Letzteren aber von ihnen logisch abhängig sind, beherrschte die Philosophie über die Jahrhunderte hinweg. Mit dem Ideal einer axiomatisierten Wissenschaft verbindet sich die Auffassung, dass die Basis einer solchen Wissenschaft aus Sätzen zu bestehen habe, die definitiv wahr, d. h. einer Korrektur prinzipiell nicht bedürftig sind. Das Ideal einer perfekten Wissenschaft geht somit mit dem Ideal perfekten Wissens Hand in Hand. Dieses doppelte Ideal beeinflusste das philosophische und teilweise auch das naturwissenschaftliche Denken der Folgezeit auf weite Strecken.

Aristoteles hat auch die Philosophie im Sinne seines Programms als Wissenschaft aufgefasst; deshalb stützte er sich auf allgemeine und seiner Ansicht nach unbezweifelbare Prinzipien, von denen die spezielleren philosophischen Sätze abhängen. Dass er dabei nicht jene Strenge erreichte, zu der die zeitgenössische Mathematik bereits fähig war, hängt mit dem Charakter der Philosophie zusammen, der sich vom Charakter der Mathematik wesentlich unterschied: Die Philosophie, insbesondere ihr grundlegender Teil, die Metaphysik (bzw. die Erste Philosophie), ist Wissenschaft von wirklichen Gegenständen und Gegenstandsbereichen, während es die Mathematik mit formalen Zusammenhängen zu tun hat, die unabhängig von der Frage untersucht werden kann, ob sie realistisch sind oder nicht.


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